Montag, 14. Oktober 2013

La canción del oficio von Osvaldo Sauma


Osvaldo Sauma. Foto: Timo Berger
Manche Bücher legen lange Wege zurück. "La canción del oficio" (Editorial Germinal, San José, 2013) reiste zwei Mal über den Atlantik und sieht immer noch einigermaßen frisch aus. Da der Paketbote vergaß zu klingeln (das macht er nie, weswegen es mittlerweile schon schwerfällt von Vergessen zu sprechen), wurde die gut 400-seitige Anthologie von Osvaldo Sauma wieder zurückgeschickt. Doch Osvaldo, den ich vergangenes Jahr bei einer Lesung in der Estación al Atlántico in San José kennenlernte, taperte ein zweites Mal mit dem gelben Pappumschlag unterm Arm zu Correos  Costarricense. Hier müsste noch viel mehr stehen - etwa dass ich Osvaldo wenige Monate später wiedertraf, auf einer grünen Insel im Lago Nicaragua (wo auch das Foto von ihm entstanden ist). Und hier wird mehr stehen - bald nach der Latinale, das schon morgen beginnt. Hier erst einmal ein Gedicht aus dem Buch als Gruß für alle Festivalbesucher:


Ratschläge für einen jungen Dichter


es reicht nicht, auf die Schultern
Satans zu steigen
den Himmel findest du dort nicht
sondern nur tief im Innern deiner selbst

Schlauheit führt dich nicht
zur dürren Unsterblichkeit
öffnet dir lediglich die Pforten des Ruhms

mach dir selbst nichts vor
lass dich nicht verführen
von den fuchsienfarbenen Lichtern
die die offiziellen Poeten verteilen

sie werden den Blut saugen
                              werden dich verwandeln
in einen Geck nach ihrem Bilde
sie werden dich lehren,
um die nötigen Beziehungen zu schachern

sag nicht Streitross statt Pferd
lass dich nicht vom Applaus betören
sag lieber Scheißstein
wie Jaime
wenn du über einen stolperst
und dass du ja nicht wie andere
moderne Dichter anstimmst
sowas hier:
Morgenstern, morgen Stern, Monster, er,
Sternenschlund,
der Farben gebiert, Narben und sofort.*




Consejos a un joven poeta


no basta con treparse
sobre las espaldas de Satanás
el cielo no está ahí
sino muy al fondo de vos mismo
la astucia no conduce
a la flaca imortalidad
tan sólo abre las puertas de la fama

no te traiconés
no te dejés seducir
por las luces fucsias
que reparten los poetas oficiales
                               te chuparán la sangre
te conventirán
en petulante a su semejanza
te enseñarán a traficar
todas las influencias necesarias

no digás corcel en vez de caballo
que no te tiente su aplauso
más bien decí pinche piedra
como Jaime
cuando te tropecés con una
y no se te ocurra cantar
como los otros poetas modernos
aquello de:
Lucero, luz cero, luz Eros,
la garaganta de la luz,
pare colores coleros, etcétera.*

* Jaime Sabines


"La canción del oficio" von Osvaldo Sauma



Osvaldo Sauma, geboren in Costa Rica, ist Dichrer, war Dozent für kreatives Schreiben von 1981 bis 2010. Er ist der Autor von mehreren Gedichtbänden, darunter "Las huellas del desencanto" (1983), "Retrato en familia" (1985), "Asabis" (1993), "Madre nuestra fértil tierra" (1997), "Bitácora del iluso" (2000) und "El libro del adiós" (2006). Gedichte von ihm wurden ins Englische, Französische, Portugiesische, Arabische und Hindi übersetzt.


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